top of page
Suche

GuMo - Was bisher geschah

  • Autorenbild: Julle
    Julle
  • 19. Feb. 2022
  • 6 Min. Lesezeit

GuMo,

Einleitend möchte ich sagen, dass ich langsam ein wenig gelangweilt bin von dem Blog. Deswegen ist das hier stattdessen ein Block...

..von der Baustelle, auf der wir quasi wohnen. Hab ich geklaut. War ja wohl das mindeste. Danke, Jungs.


In meinem Pfannkuchenteig sind widerspinstige Klumpen, die sich einfach nicht verrühren lassen wollen. Sehnsüchtig schweift mein Blick aus der Balkontür zum Betonmischer unten, denn Lausbub könnte mir jetzt sicher weiterhelfen.


Ich würde lügen, würde ich sagen, dass die Hydropatches, die ich mir für ✨Self-Care✨ unter die Augen geklebt habe nicht ein bisschen brennen und auch, wenn ich behaupte, dass ich nicht ein bisschen Angst davor hätte, dass der Duolingo-Vogel mich im Schlaf ersticht, wenn ich weiterhin seine Mails ignoriere. Es reicht Duo, es ist mir egal, ob ich in die Holz-Liga absteige oder nicht. Bitte nimm’s nicht persönlich. Adiós.


Gestern Abend habe ich mal durch meine Foto-Galerie geblättert und, ehrlich gesagt, hätte es genauso gut eine Dokumentation über den Arbeitsfortschritt des Hausbaus nebenan sein können. Das und zudem reichlich fragwürdiges Essen. Viele der Aufzeichnungen haben mich zum Schmunzeln gebracht und einige schlichtweg zum weinen. Kalenderwoche 1-7 waren ein emotionaler Ritt - einhändig und im Westernsattel. Das hier ist also nur ein Exzerpt.


1. Kapitel

Es ist ein herrlich frostiger Januartag in Leipzig. Um den heißen Duschdampf aus dem Badezimmer zu vertreiben, öffne ich das Fenster.

Pünktlich um 8:30 dringt melodisches Gepöbel von der Baustelle zu mir nach oben, aber meine Laune ist gut und die Kuschelsocken mit Weihnachtsprint gemütlich. Kein dröhnender Kran kann da etwas dran ändern…

Für die nächsten zwanzig Minuten jedenfalls, denn danach ist meine Geduld aufgebraucht und jeder Toilettengang fühlt sich an, als würde ich, nur wenige Meter von meinem Schlafzimmer entfernt auf einem Raststättenklo sitzen.

Auf dem Küchentisch stehen vier einstaubende Lebkuchenhäuser, die dort vermutlich verweilen werden bis die ersten Krokusse blühen. Also voraussichtlich für immer.

Während ich überlege, ob es gesellschaftlich vertretbar ist, wenn ich mir den Linsendoseneintopf auch schon zum Frühstück aufwärme, dröhnt ein wilder Techno-Beat durch die Decke zu mir herunter. Alles beim Alten.

Der Koffer auf meinem Teppich würde noch bis Februar unaufgeräumt bleiben - nun eine willkommene neue Ablagemöglichkeit für einmalig getragene Kleidungsstücke und schon bald ein adäquater Übungsgipfel für alle Kletterbegeisterten.


2. Kapitel

Ich nehme alles zurück was ich über die Höhe des Kleidungsbergs in meinem Zimmer gesagt habe, denn zu dem Zeitpunkt kannte ich unsere Nebenkostenabrechnung noch nicht. Um diese zu beschreiben, fehlt es mir nämlich eindeutig an einer hinreichend gewaltigen Gebirgs-Metapher.

Glücklicherweise gibt es da den Architekt und selbsternannten Bürgermeister unseres Hauses, der uns ein überlebensgroßes Excel-Sheet auf seinem überüberüberlebensgroßen Plasma-Bildschirm aufruft und erklärt was Phase ist.

Haltet die Lendenschutze bereit, die Hausverwaltung wird nun geboxt. Kratzen, beißen und kitzeln - alles erlaubt.


Nach einer anstrengenden Woche geht die figurative (im Januar nie wirklich sichtbare) Sonne über der Baustelle unter. Zur Feier von nicht gemachten Notizen, Screenshots von Präsentationen, die meinen Desktop zumüllen und die ich mir nie wieder ansehen werde und nicht geschauten Vorlesungen ist Linsen-Bolognese-WG-Abend in der Casa:

Karl kommt ganz in hellbeige.


3. Kapitel

Es ist ein Samstagnachmittag in der Bibliothek. Schweiß sammelt sich unter den Masken auf den Oberlippen der Studierenden. Die Echos hunderter Seufzer wabern durch den Raum. Rosa kommt mit 2 Kilo Pommes im Schlepptau über die Straße gelaufen Das Leben ist gut.



Zuhause liegt Kampfgeist in der Luft. Auf der Baustelle wurde der Bagger ausgepackt, der jetzt freudestrahlend gegen die Hauswand dotzt. Im Gegenlager befinden sich die Bewohner selbigen Hauses, die jetzt wutentbrannt Videos in den gemeinsamen Gruppenchat schicken, wie sich im Rhythmus des Baggers konzentrische Kreise auf der Oberfläche des morgendlichen Kaffees bilden oder wie die Gläser im Küchenschrank alle halbe Stunde wieder ein Stückchen vom Rand weggerückt werden müssen.

Der Inhalt unserer Abstellkammer kommt langsam in den Flur gekrochen, was allerdings eher weniger Ausdruck der Bauarbeiten ist, sondern viel mehr Testament davon, wie der Alltag uns allmählich in den Schwitzkasten nimmt.


Eine weitere Woche neigt sich dem Ende zu und Karl macht uns mit dem reizvollen Eis „Plombier“ vertraut, dessen Name hoffentlich nicht auf die zahnärztliche Maßnahme im Anschluss an den Genuss dieser Süßigkeit zurückzuführen ist und dessen Waffel nur im Entfernten an das Material eines vergessenen Osterkörbchens aus 2004 erinnert.

Ich sage das jetzt so sarkastisch, aber no joke die Schokolade da drin hat's echt noch gerockt.

Folgende Collage soll unser aller Genuss demonstrieren:


4. Kapitel

Irgendwo fernab der Baustelle glaubt Merle nicht daran, dass die Sorte Birne-Vanille für eine heiße Tasse Tee am Abend die richtige Wahl war.

Irgendwo noch weiter dort draußen, vielleicht in einem anderen Universum, vielleicht eine blasse Stimme aus 2013, glaubt jemand nicht daran, dass man jemals eine solche Teesorte hätte auf die Menschheit loslassen sollen.

Wie mein Lernfortschritt so läuft? Naja, ich dachte halt, dass ich, dadurch, dass ich nun eine bunte LED-Leiste als spaßiges Schreibtischlicht besitze, zu einem motivierten akademischen Goliath mutiere.

Stattdessen sitze ich nun bevor ich auch nur ein Buch in die Hand nehme eine halbe Stunde dort und überlege, ob ich die Lichtszene ,Tropendämmerung' oder doch ,rubinrotes Leuchten' wählen soll.

Goliath hat außerdem verloren fällt mir gerade ein, also hätte ich das vielleicht vorher wissen können.


5. Kapitel

Die Pommes in der Bibliothek waren des Geruchs wegen etwas ungeeignet als Zwischenmahlzeit, durch den seltsam hohen Wassergehalt aber immerhin leise. Reziprok verhält es sich mit dem 3-Saat-Knäckebrot, dass Rosa und ich versuchen mit gespitzten Schneidezähnen so leise wie möglichzu essen. That‘s it, that‘s the joke.

Tim spielt Online-Schach.

Einige Tische weiter knallt eine verzweifelte Stirn auf die Tischplatte. Vielleicht wird meine die nächste sein.

Manchmal fühlt sich Uni an wie ein großes Völkerballspiel, bei dem aus allen Richtungen unnötig aggressiv gepfefferte Schaumstoffbälle auf einen eingedrescht werden, als gäbe es tatsächlich eine Packung Maoam oder eine billige Stahlplakette an einem Schlüsselbund zu gewinnen.

In Wahrheit kann man hier aber nur ein paar blaue Flecken und ein niedriges Selbstwertgefühl abstauben.


6. Kapitel

Und da, um bei der Sportunterricht-Anekdote zu bleiben, hat der Medizinball genau meine bezahnspangte Fresse getroffen.

Damit meine ich zum einen den übereifrig zum Semesterende geöffneten Sekt. Das könnte ins Auge gehen, denke ich, da ist ordentlich Druck drauf.

"Das brennt!", schreit mein rechtes Auge kurz darauf, "Dein scheiß Ernst?" mein linkes.


Zum anderen meine ich eine hereditäre Problematik:

Eben jene letzte Biochemie-Klausur haben wir unter anderem über Genetik geschrieben und zu diesem Zeitpunkt scherzte ich noch, dass es so mega nice wäre eine coole Mutation zu haben. Damit meinte ich eine, die mir einen dicken Selektionsvorteil verschafft, damit meine genetischen Nachkommen stark und zahlreich werden und nicht unbedingt Omikron.

Dieses Projekt wird also bis auf weiters auf Eis gelegt.

Montagnacht bricht herein, mein Corona-Schnelltest ist positiv. Die Last wiegt schwer.

Der Schwerlasttransporter, der abends um halb zehn auf das Baustellengelände gerollt kommt, eilt zur Hilfe. Thanks, bro!

Ich spiele mit dem Gedanken mir eine richtig coole Yoga-Matte zu kaufen, aber die sind zum Teil echt teuer und ich seh’s nicht so richtig ein Geld für unter zwei Meter Kunststoff auszugeben.

7. Kapitel

Ich habe mir eine Yoga-Matte gekauft.

Die beste Woche ever geht in die zweite Runde, die Cuisine ist schon lange nicht mehr bonne, die Couture nicht mehr haut und gute Laune ist mittlerweile wie ein blutiges Steak: rare.

Gedankenverloren drücke ich einen Pickel über meiner Augenbraue aus und ein stechender Schmerz jagt bis zu meinem Hinterkopf. „Es ist soweit“, denke ich panisch, „das ist die Sinusvenenthrombose.“ Das ist das lebendigste, was ich mit seit Tagen gefühlt habe.

(Spoiler: Alles cool ich lebe noch, nix passiert)

Das wäre eigentlich die Zeit gewesen die Wohnung sauber zu machen, aber zwei Wochen später und die Spezi aus meinem Rucksack hat ihren Weg noch immer nicht in den Kühlschrank gefunden, die Wollmäuse unter der Kommode haben sich in der Zwischenzeit fröhlich weiter genährt und mein Bett hat sich zum Herzen meiner persönlichen Zivilisation entwickelt.

Schon seit Tagen versuche ich die Distanz von dreieinhalb Schritten bis zu meinem Schreibtisch zu überwinden, aber in dieser Nische der Gesellschaft sind die Öffis sogar noch unzuverlässiger als draußen in der großen weiten Welt.

In den letzten Tagen haben wir uns viel mit der Frage beschäftigt, ob wir uns lieber einen Bob schneiden oder uns an einer Karriere im Bobfahren versuchen sollen, bobgleich man vielleicht beides auch lassen könnte.

Rosas Papa hat außerdem Curling vorgeschlagen, aber ich glaube unsere geringe Affinität zum Wischen stellt sich dem ganzen ein wenig in den Weg.

Anyway, mittlerweile ist die Corona-Cruise beendet und Rosa und ich gehen auf Dopaminjagd in Gestalt eines kleinen Post-Covid-Trip zur Urban Outfitters Sale-Ecke. Das bedeutet Zwiebellook, denn ich habe ein bisschen Sorge, dass uns Orkantief Zeyneb an die Wäsche geht.

Love goes out!


PS: Man soll aus allem immer eine Lektion mitnehmen und ich denke für die letzten zwei Wochen wäre es, dass ich den Scheiß nie wieder ohne eigene Cocktailbar mache.


PPS: Der Credit für's Boxen mit der Hausverwaltung gebührt letztendlich Rosa allein. A true fighter.

PPPS: Der Semesterurlaub, war bisher also eher ein downgrade, deswegen habe ich nicht viele Bilder von Bergpanorama oder Sandstrand zu bieten, aber eine schöne Landschaft habe ich dennoch aus dem Klofenster ablichten können:






 
 
 

Comments


Beitrag: Blog2 Post

Abo-Formular

Vielen Dank!

  • Instagram

©2021 Kalte Gemüselasagne

bottom of page